Media4Us » Heimat https://www.media4us.de/wp Ein weiterer WordPress-Blog Mon, 23 Feb 2015 14:22:24 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=4.2.2 Chinesische Freunde https://www.media4us.de/wp/2013/03/11/chinesische-freunde/ https://www.media4us.de/wp/2013/03/11/chinesische-freunde/#comments Mon, 11 Mar 2013 15:26:36 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1333 Täglich ein Anruf, eine SMS und am liebsten möchten sie ihn nach jedem Treffen bis nach Hause begleiten. Chinesische Freundschaften können für Europäer manchmal etwas anstrengen sein, doch man darf das nicht falsch verstehen. Ceyhun Yakup Özkardes über seine Erfahrungen mit seinem Freund JiYi. ]]>

von Ceyhun Yakup Özkardes

Täglich ein Anruf, eine SMS und am liebsten möchten sie mich nach jedem Treffen bis nach Hause begleiten. Chinesische Freundschaften können für uns Europäer manchmal etwas anhänglich sein, doch man darf das nicht falsch verstehen. Ceyhun Yakup Özkardes erzählt von seinen Erfahrungen mit JiYi – einem Taekwondo Coach in Xiamen.

Mein Handy vibriert und versetzt meinen Tisch in Bewegung, doch ich gehe nicht ran. Ich bin nicht stolz darauf, aber ich möchte das Gespräch jetzt nicht annehmen, weil klar ist, wer da am anderen Ende ist. Mein neuer chinesischer Freund aus dem Taekwondo Verein versucht mich anzurufen – bereits zum dritten Mal. JiYi, 20 Jahre jung, ist ein unglaubliches Talent im Taekwondo. An den Wochenenden arbeitet er in einem Taekwondo Club in Xiamen und unter der Woche geht er zur Schule. Er ist unheimlich zuvorkommend, aber manchmal können chinesische Freundschaften etwas anstrengend sein.

© privat / Ceyhun Yakup Özkardes

Ich habe oft das Gefühl JiYi würde für mich alles stehen und liegen lassen und wenn es nötig wäre, seine gesamte Freizeit für mich opfern. In China basiert Freundschaft auf Gegenseitigkeit, weshalb er also genau dasselbe auch von mir erwartet. Für Chinesen sind Ausländer, insbesondere Menschen aus dem Westen, Gäste der besonderen Art. Deutschland spielt da eine spezielle Rolle. Deutschland heißt übersetzt das „Land der Tugenden“ (德国) und ist sehr beliebt. Dabei rühmt man besonders die deutschen Automarken und deren gute Qualität. Auch wenn ich weder Ingenieur noch besonders interessiert an Autos bin, muss ich mich mit Chinesen oft über BMW oder Audi unterhalten. In dieser Hinsicht ist JiYi allerdings etwas anders. Ihm ist es wichtiger, dass wir zusammen Zeit verbringen – viel Zeit.

Der Begriff Freundschaft hat in China eine andere Bedeutung als in Deutschland. Wo die Deutschen als eher verschlossen gelten, schließen Chinesen bereits nach dem ersten Treffen beste Freundschaften. Dies beinhaltet sowohl gemeinsame Abendesse als auch, sich persönliche Geheimnisse anzuvertrauen. Freundschaft ist außerdem automatisch mit der Pflicht verbunden, seinen Freunden zu helfen. Dies fiel mir besonders auf meiner Reise nach Fuzhou auf.

Im Auftrag meiner Firma fuhr ich in die Provinzhauptstadt von Fujian – nach Fuzhou. Zu diesem Zeitpunkt war JiYi ebenfalls in Fuzhou und wollte mir vor Ort helfen. Um mich nicht ganz auf meinen eifrigen Freund verlassen zu müssen, suchte ich mir vorher die Wegbeschreibung heraus und rief ihn lediglich an, als ich in Fuzhou ankam. Er entschuldigte sich, dass er gerade keine Zeit hätte und ich dachte, die Sache wäre damit erledigt. Mein Ziel fand ich problemlos und ging meinen Aufgaben nach. Etwa 20 Minuten später rief JiYi jedoch wieder an, um mir eine detaillierte Wegbeschreibung zu geben. Er war sehr überrascht über meinen Alleingang und meine schnelle Ankunft. Bei einem späteren Treffen gestand er mir, dass er Angst um mich hatte und besorgt darüber war, dass ich verloren gehen könnte. Obwohl ich jeden Tag an der Uni Chinesisch lerne und inzwischen viele Situationen auch meistern kann, war er sehr verwundert über meine Selbstständigkeit in einem, seiner Meinung nach, für mich fremden Land.

In einer anderen Situation wurde mir die unterschiedliche Denkweise zwischen China und Deutschland ebenfalls deutlich vor Augen geführt. Bei einer Trainingseinheit in der Taekwondo Schule posierten die Trainerkollegen und ich für Gruppenfotos. Ich dachte mir dabei nichts und hielt es lediglich für ein paar Schnappschüsse. Doch beim nächsten Training fand ich in einer Ecke der Halle drei Kisten voll mit Werbeflyern für die Taekwondo Schule, auf dem genau dieses Gruppenfoto verwendet wurde. Dazu von allen Trainern noch ein kurzer Text, von mir natürlich auf Englisch. An sich eine gute Sache, doch ich hatte das Gefühl, übergangen worden zu sein. Ich wurde weder mit einbezogen noch um Erlaubnis gefragt. Da Westler so sehr von Chinesen bewundert werden, sind sie oft auch eine Art Vorzeigeobjekt. Genau so fühlte ich mich dann leider auch, so, als würde ich herumgereicht werden. Dieses Foto mit mir sollte eine Nachricht transportieren und zeigen: „Wir sind mit dem Westen verbunden.“

Bei diesem Vorfall kam noch etwas anderes zum Tragen: das Konzept des Guanxi Systems (关系). Das Beziehungsnetzwerk, in das jedes Mitglied der Gesellschaft eingebunden ist. Danach ist es völlig legitim, Beziehungen zu nutzen und auch von ihnen zu profitieren. Am ehesten ist dieses Prinzip vergleichbar mit den Seilschaften in Deutschland, in denen man sich gegenseitig hilft und auch unterstützt. In meinem Fall versuchten die Trainer, mit dem Werbeflyer Eindruck zu schinden, damit ich auch in Zukunft diese Schule besuchen würde.

Auch wenn ich mich daran erst gewöhnen musste, bin ich sehr dankbar für die tolle Hilfe und Unterstützung von JiYi und den anderen Trainern. Sie sind immer da, wenn es Probleme oder Schwierigkeiten gibt und widmen sich vollkommen dieser Aufgabe. Durch sie lerne ich weitere Chinesen kennen, „expandiere“ quasi mein Guanxi und habe mehr denn je Einblick in die chinesische Kultur. Nicht aus Büchern, sondern ganz praktisch im Alltag lerne ich vom chinesischen Gedankengebäude und teile auch meine persönlichen Werte.

© privat / Ceyhun Yakup Özkardes

Genau das nämlich ist das Ziel: Interkulturelle Konzepte betonen den Synergieeffekt interkultureller Freundschaften, also die Verschmelzung von verschiedenen Ressourcen aus zwei Kulturen zu einem neuen Gebilde. Dabei sollen beide Partner eine Neudefinition von wichtigen Elementen vornehmen, so dass eine neue Gesamtheit entstehen kann. Ein nicht ganz einfaches Ziel, aber ein erstrebenswertes, denn die Qualität unserer gemeinsamen Zeit nimmt so zu.

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Ein neuer Populismus https://www.media4us.de/wp/2013/03/11/ein-neuer-populismus/ https://www.media4us.de/wp/2013/03/11/ein-neuer-populismus/#comments Mon, 11 Mar 2013 08:58:16 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1328 Seit Wochen wird über Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien debattiert, genauer gesagt über Sinti und Roma. Nach dem Empfinden vieler Deutscher kommen sie in alarmierender Zahl, machen Kommunen unsicher und nutzen die Sozialsysteme aus. In der aufgeregten Debatte haben Sachlichkeit und Vernunft kaum eine Chance. Ein Beitrag von Isabel Merchan.]]>

von Isabel Merchan

Seit Wochen debattiert das Land über Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien, genauer gesagt über Sinti und Roma. Nach dem Empfinden vieler Deutscher kommen sie in alarmierender Zahl her, machen Kommunen unsicher und nutzen die Sozialsysteme aus. In dem Positionspapier „Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien“ schreibt der Deutsche Städtetag, dass „die Balance und der soziale Friede in den Städten in höchstem Maße gefährdet“ seien und nennt enorme  Zuwanderungsraten.

Anfang März forderte Hans-Werner Sinn, Präsident des Wirtschaftsinstituts ifo, der Zuwanderung von „Armutsflüchtlingen“ aus Südosteuropa „einen Riegel vorzuschieben”. Das aber dürfte schwierig sein, denn für Bulgaren und Rumänen gilt Reisefreiheit wie für andere EU-Angehörige auch. Dass 2014 die Grenzkontrollen zu den beiden Ländern entfallen sollen, schürt die Ängste weiter, denn es gibt Prognosen, nach denen dann 120 000 bis 180 000 Menschen von dort nach Deutschland kommen könnten. Inzwischen hat Innenminister Hans-Peter Friedrich auf EU-Ebene ein Veto gegen den Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien eingelegt.

In der aufgeregten Debatte haben Sachlichkeit und Vernunft kaum eine Chance. Dabei betont etwa das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), dass „80 Prozent der Menschen, die seit Beginn der EU-Mitgliedschaft 2007 aus diesen beiden Ländern nach Deutschland gekommen sind, einer Erwerbsarbeit nachgehen. Von diesen sind 22 Prozent hochqualifiziert und 46 qualifiziert. Bei diesen Zuwanderern handelt es sich häufig um Menschen mit Berufen, die wir in Deutschland dringend benötigen“. Wie die Berliner Zeitung im Februar 2013 schrieb, sind rumänische Ärzte überproportional nach Deutschland eingewandert und praktizieren hier, was dazu geführt hat, dass Rumänien mittlerweile die niedrigste Arztdichte in ganz Europa hat.

Unterschlagen wird auch, dass nach Deutschland eingewanderte Rumänen und Bulgaren gar keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Das wurde bei der EU-Osterweiterung verankert, um eine „Immigration in die Sozialsysteme“ zu verhindern. Daran ändert sich auch ab 2014 nichts. Einzige Ausnahme ist das Kindergeld, das jeder EU-Bürger, der hier lebt, erhält.

Der Migrationsforscher Klaus Bade warnte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa vor hysterischen Reaktionen auf den Zuzug von Roma aus Südosteuropa und negierte gleichzeitig eine massenhafte Armutszuwanderung nach Deutschland. „Das ist Panikmache. Das ist wieder der Appell, eine negative Koalition der Abwehr statt eine positive Koalition der Gestaltung zu schaffen“, so Bade. Verständnis für die Motive von Sinti und Roma, aus ihren Herkunftsländern auszuwandern, in denen sie häufig unter großer materieller Not und Diskriminierung leiden, zeigte Joachim Brenner. Brenner ist Geschäftsleiter des Fördervereins Roma e.V. in Frankfurt am Main und betonte in einem Interview: „Die Leute kommen aus nackter Not.“

Doch Empathie sucht man in der Debatte vergebens, zu sehr fühlen sich viele Menschen offenbar bedroht. Gespannt war die Beziehung zu den Sinti und Roma schon seit ihrer Einwanderung vor etwa 600 Jahren. Das Verhältnis zu dieser größten europäischen Minderheit, die nicht nur in Südosteuropa, sondern etwa auch in Spanien, Frankreich und Deutschland lebt, schwankte stets zwischen romantischer Verklärung und brutalster Ablehnung. Über diese Ambivalenzen hat der Bielefelder Literaturwissenschaftler Klaus-Michael Bogdal 2011 das lesenswerte Buch „Europa erfindet die Zigeuner“ geschrieben. Darin zeigt er die auf Sinti und Roma bezogenen Konstruktionen von Vorurteilen auf, deren Aktualisierung man derzeit erleben kann.

Inzwischen hat sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in einem Schreiben an Bundespräsident Joachim Gauck gewendet. Beklagt wird darin ein neuer Populismus, der von Politikern betrieben werde. Dieser beinhalte Vorwürfe von “Betrug bei Sozialleistungen” und “Missbrauch der Freizügigkeit” bis zu “Asylmissbrauch” und “Kriminalität”. Der Zentralratsvorsitzende Romani Rose kritisiert in dem Schreiben, dass die gegen Roma und Sinti gerichteten Diskussionen aggressiv geführt würden und drohten, zum Wahlkampfthema zu werden. Im Weiteren bittet er Bundespräsident Gauck, mäßigend auf die Parteien einzuwirken.

 

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Entfremdung https://www.media4us.de/wp/2013/03/04/entfremdung/ https://www.media4us.de/wp/2013/03/04/entfremdung/#comments Mon, 04 Mar 2013 15:44:37 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1320 Wer war ich? Wer bin ich? Wer werde ich sein? Diese Fragen beschäftigen viele Jugendliche mit Migrationshintergrund. Besonders die Generation, die hier geboren und aufgewachsen ist, muss sich manchmal mit dem Gefühl der Entfremdung auseinandersetzen. Ein Kommentar von Lizge Yikmis ]]>

Ein Kommentar von Lizge Yikmis

Wer war ich? Wer bin ich? Wer werde ich sein?

Diese Fragen beschäftigen viele Jugendliche mit Migrationshintergrund stärker als andere Altersgenossen. Besonders die Generation, die hier geboren und aufgewachsen ist, leidet zunehmend unter der Entfremdung von der eigenen Kultur und somit auch von sich selbst.

© media4us / foto: Thomas Bardohl – Beitrag aus dem Fotowettbewerb “Zeig’s uns!“

Sara lebt seit ihrer Geburt in Deutschland. Ihre Mutter kam als Kind nach Deutschland, die Eltern waren Gastarbeiter. Saras Vater flüchtete vor den politischen Verhältnissen in seinem Heimatland. Wenn man Sara nach ihrer Heimat fragt, lautet die Antwort: Deutschland. Hier ist sie aufgewachsen, hier hat sie ihre Freunde. Wenn sie in den Nachrichten immer wieder Berichte über Integrationspolitik oder die sogenannte fehlgeschlagene Integration von Migranten sieht, dann fühlt sie sich nicht angesprochen. Ihre Familie kann man als integriert beschreiben. Sie sprechen alle fehlerfrei Deutsch und beteiligen sich am sozialen Leben, falls es das ist, was man unter einer gelungenen Integration versteht.

Trotzdem fühlt sie sich hier – in ihrer Heimat – manchmal fremd. So geht es vielen anderen auch: Kinder mit Migrationshintergrund wachsen mit zwei Kulturen auf. Sie genießen eine andere Erziehung, da es in ihrer Kultur andere Normen und Werte gibt.

Saras Erziehung wurde stark durch die Vergangenheit ihrer Eltern beeinflusst. Früh begann sie sich für Politik und Menschenrechte zu interessieren. Es beschäftigt sie, warum Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Sie ist ein Mädchen, das über vieles nachdenkt und die Dinge zu hinterfragt. Sie unterscheidet sich eigentlich nicht sehr von ihren Freunden. Sie besucht die gymnasiale Oberstufe und ihr Freundeskreis besteht größtenteils aus Deutschen. Sie schmunzelt, als sie das sagt, denn mit dieser Bemerkung grenzt sie sich automatisch von ihren Freunden ab. Eine Mauer, obwohl da eigentlich keine ist. Andererseits: ihre Herkunft will sie auch nicht verleugnen. Sie ist stolz auf ihren Migrationshintergrund, denn dadurch ist sie die aufgeweckte, nachdenklich junge Frau geworden, die sie heute ist.

Ein Freund hat ihr einmal gesagt, sie mache sich zu viele Gedanken. Doch dieses Nachdenken hat mit ihrer Geschichte zu tun, mit ihrer Herkunft. Manchmal fühlt sie sich so, als hätte sie schon viel mehr erlebt als ihre Freunde. Doch das stimmt so nicht, es sind einfach nur die Geschichten ihrer Familie, die ihre Erfahrungen bereichern.

„Yolo“ steht für “you only live once”. Das machen nicht wenige Jugendliche zu ihrem Lebensmotto. Sie feiern ausgelassen und denken nicht an morgen. Natürlich darf man Spaß in seiner Jungend haben, keiner bestreitet das, doch irgendwann muss man erwachsen werden und Verantwortung übernehmen. Verantwortung kann man aber erst übernehmen, wenn man sein Leben ernst nimmt. Diese Ernsthaftigkeit hat sich bei Sara früher eingestellt. Zwei Kulturen, die in einigen Punkten nicht unterschiedlicher sein könnten, zerreißen einen manchmal. Man muss die Differenzen überbrücken und in einigen Dingen unterscheidet man sich dann eben von seinen Altersgenossen.

Man muss stark sein, um Grenzen ziehen zu können. Viele Jugendliche sind nicht stark genug oder lassen sich zu schnell entmutigen. Sie werden zu Mitläufern, weil sie nicht anders können oder weil sie nicht ausgeschlossen werden wollen. Für seine Herkunft sollte man sich aber nicht schämen müssen. Wenn man versucht, unterschiedliche Kulturen miteinander zu vereinen, dann sollten Freunde auch bereit sein, Toleranz zu zeigen.

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Als ich Arbeit suchte https://www.media4us.de/wp/2013/02/25/als-ich-arbeit-suchte/ https://www.media4us.de/wp/2013/02/25/als-ich-arbeit-suchte/#comments Mon, 25 Feb 2013 14:10:31 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1391 Die Schülerin Houda Ben Said erzählt die Geschichte von Frau X, die in den achtziger Jahren auf der Suche nach einem Job am Arbeitsamt scheiterte. Eine Erfahrung, die sie geprägt hat.]]>

von Houda Ben Said

Die Frau, um die es hier geht, möchte gerne unerkannt bleiben, deswegen nennen wir sie einfach Frau X.
Deutschland gegen Ende der achtziger Jahre:
Frau X war schon einige Jahre in Deutschland und beherrschte die Sprache  relativ gut. Sie wollte sich einen Job suchen und ging deshalb zum Arbeitsamt. Sie besaß noch keinen deutschen Pass und benötigte eine Genehmigung. Sie wollte nur eine kleine Stelle haben, etwas, womit sie zum Verdienst der Familie beitragen konnte, zum Beispiel einen kleinen Putzjob.

Als sie dran war, sagte ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes: “Nein, Sie bekommen keine Arbeitsgenehmigung, wir haben in Deutschland schon genug Arbeitslose, da brauchen wir nicht noch mehr Leute, die den Staat ausrauben.”

Frau X wurde sofort abgestempelt, es wurde gar nicht erst gefragt, ob sie vielleicht auf irgendeine Art und Weise qualifiziert ist oder als was sie denn arbeiten möchte. Bevor man ihr überhaupt eine Chance gab sich zu beweisen, wurde ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen. Heute hat Frau X schon einige Jobs hinter sich und sie liebt es zu arbeiten.

Foto: knipseline / pixelio.de

Wenn sie aus dieser unangenehmen Begegnung eines mitgenommen hat, dann, niemanden auf der Basis irgendwelcher Klischees oder ominöser Kriterien zu bewerten, sondern jedem eine Chance zu geben. Denn durch ihre eigene Erfahrung weiß sie, was es bedeutet, ohne Grund diskriminiert zu werden.

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„Heimwärts“ – Einmal Ausland und zurück? https://www.media4us.de/wp/2013/02/25/heimwarts-einmal-auswarts-und-zuruck/ https://www.media4us.de/wp/2013/02/25/heimwarts-einmal-auswarts-und-zuruck/#comments Mon, 25 Feb 2013 10:51:31 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1371 Im Dokumentarfilm "Heimwärts" erzählen die Regisseurinnen Rita Bakacs, Masayo Kajmura und Graziella Tomasi vom Leben ihrer Eltern, die vor vielen Jahren eingewandert sind. Die Frage nach der Heimat, nach der Vergangenheit und der Zukunft stellt sich unterschiedlich und doch verbindet die Geschichten vieles miteinander. Mimoza Troni hat sich den Film für media4us angeschaut. ]]>

von Mimoza Troni

Drei Töchter dokumentieren das Leben ihrer Eltern im Ausland und wie sie wieder zurückkehren. Ein Leben zwischen damals und heute, zwischen Vergangenheit und Zukunft. Und die Frage nach der Heimat.

Gastarbeiter, politische oder wirtschaftliche Flüchtlinge – es fallen einem viele Begriffe ein, um Einwanderung zu beschreiben. Und dennoch haben alle Geschichten mit derartigen Hintergründen eines gemeinsam: Das Gefangensein zwischen zwei Leben, zwischen zwei Welten und zwischen Vergangenheit und Zukunft. Dieses „Dazwischen“ wird nun in dem Film „Heimwärts“ von Rita Bakacs, Masayo Kajmura und Graziella Tomasi aufgegriffen. Die drei Regisseurinnen sind die Töchter von Paaren, die eingewandert sind. Nun haben sie eine Dokumentation über ihre Eltern gedreht.

Drei Leben – eine Geschichte?
Ritas Eltern zum Beispiel lebten 22 Jahre in einer deutschen Provinz. Ihre Mutter Àgnes erklärt Rita, dass das Leben in Deutschland eine große Chance war. Gemeinsam mit ihrem Mann Péter hatte sie ihre Heimat, Ungarn, verlassen, um in Deutschland zu arbeiten – aber immer mit dem Gedanken zurückzugehen. Irgendwann. „In Ungarn hättet ihr von euren Deutschkenntnissen profitiert“, sagt Ágnes. Aber dazu kam es nicht, denn die Kinder beendeten ihre Schule und studierten in Deutschland. Also blieben sie hier. Szenenwechsel: Großstadt, Lärm und eine S-Bahn, die gerade am Berliner Alexanderplatz hält. Im Fokus steht Michiko Kajimura, die zusammen mit ihrem jetzigen Mann im Zuge der Studentenbewegung in den 1960er Jahren Japan verließ. Beide waren seitdem politisch aktiv – in Deutschland für die japanische Gesellschaft. Der Vater, Tachiro Kajimura, sagt, sie wollten sich das Leben in Deutschland anschauen, aber sie hatten eigentlich nicht vor hier zu bleiben. Wieder ein Szenenwechsel: Eine idyllische, ländliche Straße in Holland. 1962 kamen Tomasi und Rosetta als Gastarbeiter hierher. „In dieses regnerische Land“, wie sie ihre ersten Eindrücke beschreibt. Sie und ihr Mann verbrachten 40 Jahre in den Niederlanden – und bauten gleichzeitig an ihrem Haus unter der Sonne, um irgendwann dorthin zurückzukehren.

Neugier der Töchter entfacht Erinnerungen der Eltern
Es ist ein persönlicher Dokumentarfilm, dessen Einfachheit überzeugt: Es gibt keine gestellten Szenen, keine Erzählerstimme, die kommentiert, nur eine Kamera, die beobachtet und aufnimmt, wenn die Eltern erzählen. Am Bildschirm läuft die Übersetzung ins Deutsche als Untertitel – man muss also mitlesen, um zu verstehen, was die Eltern sagen. Und dennoch sprechen die Szenen für sich. Sie zeigen den Alltag dreier Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und dennoch haben sie eines gemeinsam: Die Gedanken schweigen zwischen alter und neuer Heimat. Die Neugier der drei Töchter lässt diese Gedanken laut werden. So unterschiedlich die Anfänge waren, so verschieden enden die drei Migrationsgeschichten. Mehr oder weniger zufriedenstellend.

Die Rückkehr in die Heimat und die Frage nach dem Sinn

Filmstill: Ágnes und Péter auf der Rückfahrt nach Ungarn

Ágnes und Péter kehren zurück nach Ungarn. Mit dem Auto geht es durch halb Europa. Sie hören dabei deutsche Schlagermusik: „Viva Colonia- Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust“ strömt es aus dem Radio und Péter singt mit. Zurück in ihrer Heimat wollen sie sich um ihre alten Mütter kümmern. Als Ágnes Mutter sechs Monate später stirbt, macht sie sich Gedanken: „Früher kamen wir nach Ungarn, um unsere Eltern zu besuchen, nun leben wir ganz alleine hier. Unser Kinder und Enkelkinder sind fast 2000 km entfernt. Was hat das für einen Sinn?“ Für Michiko und Taichiro findet das Leben in Deutschland statt. Müsste sie nach Japan zurückkehren, würde sie sich in eine Zeit von vor 30 bis 50 Jahren zurückversetzt fühlen, sagt Michiko. Und Rosetta lebt in ihrem Haus in Sardinien. Unter der Sonne, unter alten Bekannten. Aber auch alleine, denn ihr Mann ist inzwischen verstorben. Ihre Tochter Graziella holt sie noch einmal zurück nach Holland. Alte Erinnerungen werden wach, wenn sie die alte Nachbarschaft erkunden und ehemalige Nachbarn besuchen. Eine Rückkehr in das alte Leben – für wenige Tage. Schön sei es gewesen, noch einmal würde sie aber nicht hier leben wollen. Sie bleibt lieber daheim.

Heimat also – aber wo ist das? Im Film „Heimwärts“ wird der Zuschauer eingeladen, anhand dreier Lebensgeschichten, unterschiedliche Heimatempfindungen und das innere Dilemma des zeitweisen oder dauerhaften Auswanderns nachzuvollziehen.

 

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Berlin: wie eine griechische Insel? https://www.media4us.de/wp/2013/02/25/berlin-wie-eine-griechische-insel/ https://www.media4us.de/wp/2013/02/25/berlin-wie-eine-griechische-insel/#comments Mon, 25 Feb 2013 08:55:45 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1275 Immer mehr junge Südeuropäer zieht es in die deutsche Hauptstadt. Arbeit, Studium und das Leben in einer der spannendsten Städte Europas, das sind die häufig genannten Gründe für einen Umzug nach Berlin. Aber was genau hoffen die jungen Leute aus Spanien, Griechenland, Portugal und Italien hier zu finden? Tiago Mansilha hat mit vier von ihnen gesprochen.]]>

Südeuropa erlebt zur Zeit wirtschaftliche Turbulenzen, von denen ein Ende nicht abzusehen ist. Ein Großteil der jungen Menschen ist arbeitslos, für viele von ihnen stellt Berlin eine Alternative dar. Aber Arbeit ist nicht der einzige Grund für ein Leben in der deutschen Hauptstadt. Hier sind die Geschichten von Alonso, Daniele, Sara und Persefoni.

Griechenland: 58%
Spanien: 56%
Portugal: 38%
Italien: 37%

Das sind die Eurostat-Zahlen für Jugendarbeitslosigkeit (junge Menschen unter 25 Jahren) in den Ländern Südeuropas im Dezember 2012. Im Gegensatz dazu kommt Deutschland nur auf rund 8 %, es ist das einzige Land der Europäischen Union, in dem die Jugendarbeitslosigkeit im Vergleich zu 2008 sank.

In der Hauptstadt Berlin ist das Ambiente multikulturell, immer mehr Südeuropäer kommen hierher. 2011 stiegt laut der Süddeutschen Zeitung die Zahl der Spanier und Spanierinnen in Berlin um rund 50 % im Vergleich zum Vorjahr, die Anzahl der Griechen verdoppelte sich knapp. Arbeit, Studium und das Leben in einer der spannendsten Städte Europas, das sind die häufig genannten Gründe für einen Umzug nach Berlin. In Wirklichkeit ist die Arbeitssituation der Stadt nicht ganz so rosig im Vergleich zum Rest Deutschlands. Im Januar 2013 waren 12,2 % der Jugendlichen arbeitslos. Diese Zahl bleibt zwar deutlich unter den Arbeitslosenzahlen Südeuropas, ist in Deutschland jedoch die höchste.

Was hoffen die jungen Leute aus Spanien, Griechenland, Portugal und Italien in Berlin zu finden? Arbeit – das ist eine der Antworten, logisch. Aber es ist nicht der einzige Grund, und oft auch nicht der wichtigste.

Im Uhrzeigersinn: Daniele, Persefoni, Sara und Alonso © Tiago Mansilha

Wenn Berlin ein Zufall ist
Alonso Acosta, 28 Jahre, Spanier

“Mit 19 habe ich angefangen zu arbeiten. In Spanien war ich als Kühltechniker tätig. Ich reparierte Klimaanlagen in Einkaufszentren und Fabriken. Der Grund warum ich hier bin? Ich bin Vater geworden. Ich habe meine Partnerin, eine Deutsche, in Madrid kennengelernt. Sie wollte unsere Tochter in Deutschland bekommen, denn die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich bereits und Unterstützung für Mütter wurde so gut wie nicht mehr angeboten. Hier in Deutschland dagegen kann sie mit Hilfe des Staates unsere Tochter großziehen und weiter studieren.

In Madrid war ich in einem sehr guten Unternehmen angestellt. Ich war fast 7 Jahre lang in der Firma, ich hatte ein Auto und rechtliche Ansprüche. Eigentlich dachte ich, dass mich nichts aus Madrid weglocken könnte. Aber im Leben kommt es oft anders. Berlin war ein Zufall, ich habe es mir nicht ausgesucht. Wenn meine Partnerin Chinesin gewesen wäre, wäre ich jetzt in China. Ich werde hier bleiben, bis meine Tochter älter ist. Berlin ist eine sehr liberale Stadt und durch die Wirtschaftskrise hätte ich Angst, nach Madrid zurückzukehren, denn mein Job dort ist schon lange weg. Mein Vater ist in der Krise arbeitslos geworden, meine Mutter arbeitet momentan noch in einem Krankenhaus, aber auch sie hat Angst, ihre Arbeit zu verlieren. Diese Gefahr besteht für alle öffentlichen Angestellten, die nach 2004 eingestellt wurden.”

Berlin – Ort der Freiheit
Daniele Simocini, 25 Jahre, Italiener

“Ich habe in Italien einen Universitätsabschluss in Fremdsprachen gemacht und in drei verschiedenen Unternehmen gearbeitet. In der letzten Firma ist das Arbeitsvolumen durch die Krise stark zurückgegangen. Man hat mir so schlechte Bedingungen angeboten, dass ich mich entschloss, zu kündigen und eine Reise durch Europa zu machen. Ich kam auch nach Berlin, wo es mir so sehr gefiel, dass ich beschloss zu bleiben. Jetzt lerne ich Deutsch und arbeite in einem Restaurant. In Berlin gibt es zwar nicht viele Arbeitsoptionen, aber die Lebenshaltungskosten sind nicht sehr hoch. Ich arbeite an fünf Tagen die Woche fünf Stunden und kann meine Ausgaben decken.

In Deutschland funktioniert der Sozialstaat, in Italien nicht mehr. Die jungen Menschen haben keine Arbeit und leben bei ihren Eltern. Auch die Einstellung der Menschen ist ein Problem. Ich habe in einem kleinen Dorf gewohnt und im Vergleich dazu ist Berlin perfekt. Klar, die Tatsache, dass ich schwul bin, hat mein Leben beeinflusst. In Italien kann man nicht offen sagen “Ich bin homosexuell”. Das kann sogar gefährlich sein, besonders in Süditalien, wo viele noch konservativer sind. Ich persönlich bin schon offen mit meiner Sexualität umgegangen, aber hier in Berlin fühle ich mich viel wohler. Vor allem wegen der besseren Rahmenbedingungen: Mein Arzt etwa ist auf  Fragen im Zusammenhang mit Homosexualität und den Problemen homosexueller Paare spezialisiert. In Berlin fühle ich mich wohl.”

Berlin ist Alleinsein
Sara Cardoso, 25 Jahre, Portugiesin

“Wenn kein Schnee liegt, fahre ich immer Fahrrad. Kurz nach meiner Ankunft in der Stadt war ich nach einem Kneipenabend mit Freunden auf dem Weg nach Hause, es war ungefähr zwei Uhr morgens. Zu der Zeit war ich wie ein Schwamm, ich habe alle Eindrücke aufgesogen. Mein Weg führte direkt durchs Zentrum, vorbei am Fernsehturm, am Alten Museum und an der Humboldt-Box. Ich fand das so wunderbar, dass ich vom Fahrrad stieg und mich auf den Rasen legte. Es war zwei Uhr morgens und ich war alleine. Ich habe in den Himmel geblickt, ich habe alles um mich herum angeschaut und bin eingeschlafen. Ich habe mich sicher gefühlt, es war Nacht und ich machte, was ich wollte. Ich und mein Fahrrad. Berlin ist Alleinsein. Und manchmal ist Alleinsein eine wunderbare Sache.

Bevor ich hierher kam, habe ich meinen Schulabschluss gemacht und angefangen, in Portugal Design zu studieren. Nach drei Jahren stellte ich fest, dass das Studium nicht das war, was ich wollte, und fing an zu arbeiten, um mich selbst zu finanzieren. Zu der Zeit begann ich mit den Vorbereitungen, Lissabon zu verlassen, denn ich war an dem Unterricht, den ich in Portugal erhalten konnte, nicht interessiert. Alles, was ich in der Uni entwerfen sollte, war sehr konventionell. Wenn es eine Kopie von bereits Existierendem war, um so besser. Ich merkte, wie ich stagnierte. Wenn meine Fakultät bessere wirtschaftliche Bedingungen gehabte hätte, hätten wir vielleicht auch Parabolantennen oder Autos entwerfen können, wie es deutsche oder holländische Studenten tun. Für mich kamen mehrere europäische Städte in Betracht und ich entschied mich für Berlin, weil es billiger als London oder Amsterdam ist und weil es gute Studienbedingungen bietet. Hier kann jeder studieren. In Portugal muss ich 1.000 Euro im Jahr zahlen, ohne jegliche Unterstützung, hier zahle ich weniger und habe ein Semesterticket und bin krankenversichert.

Es ist nicht leicht, einen typischen Immigranten in Berlin zu finden. Die Leute kommen hierher, weil sie studieren oder Kunstprojekte verwirklichen möchten. Ich bin in Lissabon geboren und aufgewachsen. Ich kenne jeden Winkel, die Stadt ist klein und anstrengend. Berlin hat mir neue Möglichkeiten geboten.”

Berlin – ein Ort für alle
Persefoni Myrtsou, 26 Jahre, Griechin

“Es gibt den greifbaren Teil der Krise: die steigende Arbeitslosigkeit, die sinkenden Gehälter. Dann gibt es noch den psychologischen Aspekt, wie die Krise sich auf die Menschen auswirkt. Viele junge Menschen leiden an Depressionen, sie werden zu tatenlosen Zuschauern ihres Lebens und erheben ihre Stimmen nicht mehr. Die psychologischen Einschränkungen ist eines der größten Probleme der Krise.

Ich habe Griechenland mit 18 Jahren verlassen, um in Schottland zu studieren, vor vier Jahren kam ich nach Berlin. Heute kann ich sagen, dass Berlin mir schon das gegeben hat, was ich wollte: ich wollte ohne Studiengebühren Kunst studieren und weiter im akademischen Rahmen arbeiten. Ich war als Bildhauerin tätig, ich habe bei der Gestaltung eines ottomanischen Restaurants geholfen und nach und nach besser Deutsch gelernt, bis ich an der UdK für ein Masterstudium angenommen wurde.

Die Welt der Kunst ist in Berlin gleichzeitig klein und groß, das hängt von den Zielen des Einzelnen ab. Es gibt Künstler, die mit Galerien zusammenarbeiten möchten, und es gibt viele Galerien in der Stadt. Man muss jedoch geschickt sein, die besten Kontakte knüpfen, die richtigen Leute überzeugen und sehr gute Pressearbeit machen. Aber man findet auch viele unabhängige Gruppen, die in alternativen Räumen arbeiten, die offen sind für neue Ideen, neue Namen, neue Gesichter und neue Projekte. Es gibt viele Leute und es passiert viel. In Berlin gibt es für jeden Künstler einen Ort.
Eines der größten Probleme ist jedoch die Flüchtigkeit. Die Menschen kommen und gehen. Viele Arbeitsverträge sind auch nur befristet. Das macht die Stadt einerseits sehr “deutsch”, denn die Schlüsselstellen sind immer von Deutschen besetzt. Andererseits macht es sie zu einer griechischen Insel, auf die im Sommer die Gäste kommen, sie betrinken sich, stellen alles mögliche an, verlieren die Kontrolle und hauen dann wieder ab.”

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When Kati met Javi https://www.media4us.de/wp/2013/02/18/when-kati-met-javi/ https://www.media4us.de/wp/2013/02/18/when-kati-met-javi/#comments Mon, 18 Feb 2013 10:21:02 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1487 Wenn mich jemand fragt, wie ich nach Deutschland kam, antworte ich immer: "Das ist eine lange Geschichte".]]>

von Javier Santos

Wenn mich jemand fragt, wie ich nach Deutschland kam, antworte ich immer: „Das ist eine lange Geschichte“.

Katrin und ich sind schon so lange zusammen, dass mir meistens gar nicht mehr bewusst ist, dass wir aus zwei verschiedenen Ländern stammen. Wir sind das, was man eine binationale, bikulturelle Partnerschaft nennt, aber eigentlich ist es noch komplexer. Denn Katrin ist nicht mehr nur deutsch und ich bin nicht mehr nur venezolanisch. Wir haben aus unseren beiden Nationalitäten ein neues Puzzle zusammengesetzt, etwas, wo wir uns bequem und zuhause fühlen, unabhängig von unserem geografischen Wohnsitz.

Alles fing im Jahr 2002 an, bei einem Treffen von Austauschschülern in der Nähe von Seattle, USA. Katrin unternahm den ersten Schritt, rief mich an und sagte „Hallo, ich bin’s, die Deutsche.“ Bei unserem ersten Date war ich überrascht, dass sie selbst zahlte, das war ich nicht gewohnt. Wir verliebten uns ineinander, mussten aber bald schon Abschied nehmen. Trotzdem wollten wir nicht einfach so aufgeben und blieben in Kontakt. Als mich mein Weg schließlich nach Spanien führte, erhöhte das die Chancen auf eine gemeinsame Zukunft.

Katrin besuchte mich und die Gefühle waren sofort wieder da. Erneut war sie es, die eine folgenschwere Entscheidung traf: sie zog zu mir nach Madrid. In Spanien haben wir die Erfahrung von Migration zusammen gemacht, wir waren ja beide Fremde. Wir haben für das spanische Abitur gelernt, an der Universität von Madrid studiert und viel gearbeitet, um die hohe Miete bezahlen zu können. Nach fünf Jahren wurde es Zeit für einen Tapetenwechsel. Ich wollte endlich Katrins Heimat richtig kennenlernen und so zogen wir nach Leipzig. Im Jahr 2010 haben wir geheiratet, 2012 wurde unser Sohn Sebastian geboren.

Das ist unsere Geschichte. Bis jetzt…

Wir wohnen in Deutschland, ich spreche die Sprache, versuche pünktlich zu sein und nicht zu laut zu reden. Das gelingt mir nicht immer perfekt, aber das muss es vielleicht auch nicht.

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Halay https://www.media4us.de/wp/2013/02/12/halay/ https://www.media4us.de/wp/2013/02/12/halay/#comments Tue, 12 Feb 2013 10:48:04 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1241 Halay, der traditionelle Volkstanz aus Anatolien ist nicht nur bei Älteren beliebt. Auch unter jungen Leuten steht er hoch im Kurs. In sozialen Netzwerken finden sich zahlreiche Beispiele neuer, moderner Interpretationen. Ob er selbst auch tanzt, verrät unser Autor Ibrahim Kizilgöz zwar nicht, aber er hat das Phänomen für media4us mal genauer unter die Lupe genommen. ]]>

Ein traditioneller Volkstanz aus Anatolien ist lebendiger denn je

von Ibrahim Kizilgöz

Am 30. Oktober 1961 wurde das Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei unterzeichnet. Das erste rechtlich verbindliche Schriftstück, in der die Anreise von Arbeitskräften aus der Türkei nach Deutschland mit einer maximalen Aufenthaltsdauer von zwei Jahren festgehalten wurde. Doch durch einige Gesetzesänderungen blieben viele Arbeitskräfte und gründeten Familien. Dabei haben sie einiges an kulturellen Traditionen aus ihren Herkunftsorten mitgebracht. Unter anderem den traditionellen Volkstanz aus Südostanatolien – „Halay“.


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Fragt man heute einen in Deutschland lebenden Jugendlichen mit türkischem oder kurdischem Migrationshintergrund, wann der nächste Halay stattfindet, kriegt man höchstwahrscheinlich einen konkreten und zeitnahen Termin genannt. Denn Halay wird überall und zu fast jeder Zeit getanzt: auf Hochzeiten, Geburtstagen, Demonstrationen und selbstorganisierten „Halay-Partys“. Die 21-jährige Ezgi A. packt sogar einen drauf: „Ich tanze Halay, wenn mir langweilig ist. Auch auf der Straße, einfach so.“

Vielleicht erklärt sich so, warum Jugendliche „komische“ Kreistänze auf dem Domplatz in Köln, in der Fußgängerzone in München oder an vielen Bahnhöfen tanzen. Einige Jugendliche treffen sich an Wochenenden und unternehmen einen Tripp in die nächste Großstadt, um in der Öffentlichkeit Halay zu tanzen und die kulturellen Schätze ihrer Vorfahren zu präsentieren.

Youtube und Facebook als Plattform

Dabei werden die Tänze mit dem Mobiltelefon aufgenommen, schnellstmöglich auf Youtube hochgeladen und auf Facebook veröffentlicht. Die Verlinkungsfunktion von Facebook sorgt dafür, dass die Videos schnell verbreitet werden. Es folgen Kommentare, unter anderem aus der Heimat, von Verwandten und Bekannten.

Dr. Peter Holzwarth und Prof. Dr. Horst Niesyto, Wissenschaftler im Bereich interkulturelle Medienbildung und -Pädagogik an den Universitäten Zürich und Ludwigsburg, erklären in einem Forschungsbericht zur Mediennutzung junger Migranten, Medienformen wie Facebook förderten die Identifikation mit und den muttersprachlichen Kontakt zur Herkunftskultur. Kulturelle Ausdrucksformen wie der Halay haben in ethnischen Communities die Funktion einer kollektiven, herkunftsbezogenen Selbstvergewisserung.*

Traditionell vs. Modern

Traditionell haben die Halay-Schritte einen kontextuellen Bezug, das heißt sie bilden die Situation der örtlichen Landwirtschaft oder die sozialen Bindungen ab. Mal geht es um die Fruchtbarkeit des Ackerfeldes, mal um die Arbeit auf dem Acker. Aber auch Probleme werden angedeutet. In Diyarbakir (in der Ost-Türkei) gibt es etwa Tanzschritte, die das Zertrampeln von Acker-Schädlingen imitieren. Andere symbolisieren die Beziehung zwischen Mann und Frau.

Die Frage ist, wie Jugendliche mit diesem Wissen umgehen. „Vielen Jugendlichen sind solche Hintergründe fremd. Es wird irgendetwas getanzt. Ein Mix aus Halay und Hip-Hop-Elementen oder, je nach momentaner Gefühlslage, irgendeine Bewegung, die gar keine Bedeutung hat“, meint die 19-jährige Alev O. Das Interesse vieler Jugendlichen mit türkischem/kurdischem Migrationshintergrund an Hip-Hop führt zu interessanten Versuchen, Halay mit modernen Elementen zu verbinden. So sind bereits professionelle Videoclips von Musikbands auf Youtube zu sehen, die genau diesen Ansatz verfolgen. Aber auch selbstgedrehte Amateuraufnahmen findet man im Netz, die von der Produktivität und Kreativität vieler Jugendlicher zeugen.


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So viel kulturelles Gut haben die sogenannten „Gastarbeiter“ also mitgebracht. Ein Halay-Hip-Hop-Tanz im Bundestag während einer undifferenzierten Debatte über die zum Scheitern verurteilte „Integration“ wäre wünschenswert und bestimmt sogar amüsant.

*Den Forschungsbericht zum Thema kann man hier abrufen.

 

 

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I wish I were a child https://www.media4us.de/wp/2013/02/05/i-wish-i-were-a-child/ https://www.media4us.de/wp/2013/02/05/i-wish-i-were-a-child/#comments Tue, 05 Feb 2013 11:34:55 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1233 Habib Ur Rehman wagt einen wehmütigen Blick auf die Kindheit. Er beobachtet, dass mit dem Alter auch die Ängste und Vorurteile entstehen, an denen unsere Gesellschaft krankt. Was in jungen Jahren selbstverständlich scheint - gegenseitiger Respekt und Unvoreingenommenheit - geht leider mehr und mehr verloren, je älter man wird. In englischer Sprache.]]>

by Habib Ur Rehman

© media4us / foto: Helmut Wind – Beitrag aus dem Fotowettbewerb “Zeig’s uns!“

Having an innocent smile on her face, a three-year-old girl often welcomes me at the school’s entrance and opens the door for me.

The little princess – so far, I do not know her name –  regularly comes with one parent, either father of mother, to pick up her elder sister who attends the same school as my children.  She does not open the school door especially for me but for all those who come for their kids in the afternoon. I sometimes have a little chat with her always enjoying her sweet and spontaneous replies.

Because of my children it is routine for me to attend the school hence most of their class mates recognize me and greet whenever we come across.

I have noticed that the children have different national, cultural, linguistic and religios backgrounds but they nevertheless play, fight, eat, read and sing together. In school and at other places, they enjoy spending time together and learning from each other. Most of the time they respect their teachers and follow their instructions.

But when the children grow up I have the impression that they are getting more and more divided. This division often leads to loneliness and soliloquy. I have perceived this confusion of mind and thoughts in articles written by upper-grade students highlighting issues such as linguistic and racial prejudices they obviously have to face.

Now the question arises why children who are open, friendly, respectful and fearless as long as they are young are beginning to feel bitter and hatred, complex, far away from their rights and anxious about their future when they grow up?

I wonder whether children burden themselves with such negative feelings incidentally or if those feelings are refered to real-life experiences?

We know from newspapers and television that our societies, across the globe, are full of hatred, intolerance, incompetence, corruption, injustice, distrust, prejudice and so on. If that`s the case isn`t it fair to say that these negative things prevailing in our world are the reasons of racial or linguistic prejudices felt by our children?

All the religions and ideologies preach and teach love, peace, honesty, harmony, equality and respect. Then why children in their teens get stuck in negative perception?

The developed countries are known and respected for their human rights values. Indicators for the human development such as education, the idea of mutual respect, equality, the provision of basic facilities, justice, security, the rule of law, democracy and tolerance. But isn`t it alarming when children living or grown up in these developed countries feel uncomfortable, unsecure and confused about their future? It hints that something is somewhere going wrong and that it should be sorted out.

A thougt comes to my mind: maybe it`s better to be an innocent child rather than an intolerant grown-up human being.

 

 

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Xece https://www.media4us.de/wp/2013/02/01/xece/ https://www.media4us.de/wp/2013/02/01/xece/#comments Fri, 01 Feb 2013 12:51:09 +0000 https://www.media4us.de/wp/?p=1224 Die türkische Provinz Tunceli (früher Dersim) war in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Schauplatz eines kurdischen Aufstandes. Die gewaltsame Niederschlagung führte zu Flucht, Vertreibung und Zerstörung. Die Schülerin Lizge Yikmis hat sich mit der Geschichte der Region befasst. Die Hauptfigur ihrer kurzen Erzählung steht für alle Kinder, die ähnliche Erfahrungen machen müssen. ]]>

Eine Kurzgeschichte von Lizge Yikmis

Ein schreckliches Geräusch. Lärm. Schreie. Woher kamen sie? Erschrocken und neugierig zugleich dachte ich, dass die Natur daran schuld war. Ich suchte den Himmel ab. Er war klar. Die Erde vibrierte. In diesem Moment verlor ich mich, mir wurde schwarz vor Augen.

Ich kann mich nicht erinnern, wie viel Zeit vergangen war, bis die Stimme meiner Schwester zur mir durchdrang. „Xece, Xece.“ Mein Kopf schmerzte. „Was war das? Was ist passiert?“ fragte ich, nachdem ich ihr Gesicht erblickt hatte. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie antwortete mir nicht. „Ich will zu Mama und Papa!“, flüsterte ich schließlich noch. Ich versuchte aufzustehen, doch hatte keine Kraft in den Beinen. Geje half mir. So rappelten wir uns auf und machten uns auf den Weg. Als wir die Bergspitze erreicht hatten, stand das Dorf unter einer dunklen Rauchschicht.

Je näher wir unserem Dorf kamen, desto größer wurde die Angst davor, was uns erwartete. Unten angekommen, konnten wir unseren Augen nicht trauen. Wir konnten es nicht glauben, mehr, wir wollten es nicht. Vor uns breitete sich ein Bild des Grauens aus. Am Dorfrand, wo unsere Schule gestanden hatte, war ein tiefer Graben. Von den ehemaligen Mauern war nichts mehr zu sehen. Nichts, nichts, nichts. Ich wagte es nicht, in den Graben zu schauen. So fing ich an zu laufen, wurde immer schneller, stolperte über einen Stein und fiel zu Boden, doch als ich meinen Kopf hob, erkannte ich, dass dieser Stein, über den ich soeben gestolpert war, zu unserer Hausmauer gehörte. Ich sah unser Haus.

© Lizge Yikmis

Doch während ich dies schreibe, frage ich mich, ob ich es noch so nennen kann. Es hatte nichts mehr mit dem Haus zu tun, in dem wir gelebt hatten. Die Wand war aufgesprengt, die Steine, die unser bescheidenes Häuschen gebildet hatten, verstreut. Da keine Wand mehr vorhanden war, konnte ich in das Innere blicken. Unser Sofa verbrannt, unsere Türen durchlöchert, und die Fensterscheiben in hunderte Teile zersprungen. War das ein Traum? In diesem Moment fühlte ich, wie sich die Arme von Geje um mich schlangen. Ich fing an zu schluchzen. Die Stille im Dorf erschrak mich noch mehr. So, als ob keine Menschenseele hier jemals gewohnt hätte. Ich versuchte, etwas zu sagen. Meine Stimme versagte. So standen wir da, weinend und eng umschlungen. Plötzlich zerriss ein Knall die Stille, es folgte Gelächter. Geje gab mir ein Zeichen still zu sein. Ich hörte Schritte, sie näherten sich. Grüne Uniformen. Ich wollte zu ihnen laufen, wollte Geje sagen, dass sie uns helfen würden. Jedoch hielt meine Schwester mich zurück. Sie nahm mich an die Hand und zog mich durch den Ort der Zerstörung. Meine Heimat, sie lag zerbrochen am Boden. Ein Schauder durchfuhr mich. Geje zog mich weiter und zischte: „ Schnell, lauf. Schau nicht zurück!“ Ich verstand nicht, wovor wir wegliefen, doch ich hörte auf sie und folgte ihr. Wir liefen zurück auf den Berg.

In allen Geschichten, die meine Großmutter mir erzählt hatte, bezeichnete sie die Berge immer als Beschützer. Ich hatte nie genau verstanden, was sie damit meinte. Bis zu jenem Tag.

Wir stolperten den Berg hinauf, immer weiter, nicht zurückschauend. Immer wieder gingen mir die Bilder durch den Kopf. Ich versuchte sie zu verdrängen. Doch es klappte nicht. Plötzlich stürzten lauter Fragen über mich hinein, wie eine Flut. „Wer konnte so etwas tun? Warum machte man so etwas? Wir sind doch alle Menschen, warum löschen wir uns gegenseitig aus?“ Ich fand keine Antworten. Meine Schwester schien sich dasselbe zu fragen, so liefen wir schweigend nebeneinander her. Geschützt von den Bergen, die sich um uns herum aufbauten. Wie Hände, dich sich um uns legten, um uns vor Unseresgleichen zu retten.

Die Sonne ging unter. Ich blickte nach oben. Die Berge waren umhüllt von Schönheit, da der Sonnenuntergang sie in lebendige Farben tauchte. Doch würden die Gräser je wieder in lebendigen Farben erstrahlen? Das Erlebte verarbeitet werden können, damit man ein lebendiges Leben leben kann? Ich fasste den Entschluss, der Welt zu erzählen, was ich erlebt habe. Hoffnung stieg in mir auf, doch in diesem Moment hörte ich Schritte hinter mir.

 

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