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Jul 112012
 

von Josephine L. Landertinger Forero

Foto: © Josephine L. Landertinger Forero

Ich treffe Jana und Alejandra, ein deutsch-kolumbianisches Paar, in einem Künstler-Café in Berlin-Neukölln. Kennengelernt haben sich die zwei Frauen in Barcelona als Jana dort 2004 ein Erasmus-Studienjahr verbrachte. Damals lebte Alejandra, die ursprünglich aus Cali kommt, der drittgrößten Stadt Kolumbiens, schon fast 20 Jahre in Spanien. Als Jana zurück nach Deutschland musste, erzählt mir Alejandra, war für sie sofort klar: „Ich komme mit“. Für Jana kam diese Entschlossenheit etwas überraschend. Doch Alejandras Leidenschaft hat sich für das Paar gelohnt, denn beide leben mittlerweile seit sechs Jahren in Berlin.

Foto: © Josephine L. Landertinger Forero

Das Café im Reuterkiez ist an diesem Frühlingsnachmittag so gut wie leer. Außer uns sitzt noch ein Gast an der Theke. „Hier ist eher abends was los“, erzählt Alejandra. So können wir uns ungestört weiter unterhalten uns sprechen erstmal über Arbeitsschwierigkeit für Immigranten in Deutschland. Alejandra ist Filmemacherin, Graphikdesignerin und Fotografin. Doch ihre Abschlüsse werden hier nicht anerkannt. Für ihre Partnerin Jana, Ethnologin und Fotografin, war schnell klar, dass sie zusammen selbst etwas auf die Beine stellen müssen. Somit gründeten sie im Jahr 2006 die interdisziplinäre Künstlerinitiative „Intransitos“, „In Bewegung“. Ihre Arbeit konzentriere sich auf Kunst und Kultur, immer in Zusammenhang mit Migration und Stadtentwicklung in Neukölln, erzählen sie mir. Ihr aktuelles großes Projekt ist „Neukoellnimport“, eine Plattform, auf der sich Künstler aus 80 Ländern der Welt miteinander vernetzen können.

Foto: © Josephine L. Landertinger Forero


Bei „Intransitos“ ist eine der Hauptideen, dass Grenzen hinterfragt und Ideen neu gemischt werden. Alejandra ist der Meinung, dass Konzepte der Nationalität oder der Sexualität eher Konstrukte sind, die nur einen Teil des Menschen erkennen lassen. „Jeder Mensch ist ein Individuum mit all dem Inhalt in dem Koffer, den er oder sie mitbringt.“ Dennoch spiele sie manchmal selbst das Spiel der Vorurteile mit, sagt die Filmemacherin. Typisch Deutsch ist für die Kolumbianerin:

Foto: © Josephine L. Landertinger Forero


Jana und Alejandra sind sich einig, dass ihre Offenheit und die Lust auf Neues für ihre Beziehung bereichernd sind. Es gab aber auch schwierige Momente:

Foto: © Josephine L. Landertinger Forero


Was ihre Homosexualität angeht, wird das Paar in Berlin eher selten mit dem Thema konfrontiert. Die Schwulen- und Lesben-Szene sei in den meisten Bezirken sehr offen, erklärt Jana. „Ich definiere mich zudem nicht über das „Lesbisch-Sein“, sondern ich bin halt Jana. Da ist die Sexualität nur ein kleiner Teilbereich meines Lebens. Aber vielleicht würde es mir eher auffallen, wenn wir woanders leben würden.“ Sie fügt hinzu: „Als wir beispielsweise in Kolumbien im Urlaub waren, war es schwieriger. Uns so frei bewegen, wie in Berlin – das konnten wir dort auf keinen Fall.“ Für Alejandras Familie ist ihre Sexualität ein Tabuthema. Sie wissen zwar, dass sie lesbisch ist, sprechen aber nie offen darüber. „Als wir vor zwei Jahren in Cali waren, sagte mein Vater wir könnten gerne kommen, er würde uns aber nicht in seiner Wohnung aufnehmen“, sagt Alejandra. Dennoch seien sie dann von seiner Herzlichkeit vor Ort überrascht worden, als er das Paar überall hin begleitet habe. „Wir laufen aber dort nicht Hand in Hand“, erklärt Jana.

Die mangelnde Akzeptanz bezieht sich nicht nur auf die kleinen Familienkreise. Auch allgemeingesellschaftlich müssen in Kolumbien noch viele Hürden zur sexuellen Gleichberechtigung überwunden werden. Lesbische Filmemacherinnen sorgen auf Grund ihrer Orientierung für Schlagzeilen. Menschen, die für Schwul-Lesbische-Rechte kämpfen, werden in Cali tot aufgefunden. Hierüber berichten die Medien jedoch nicht.

Foto: © Josephine L. Landertinger Forero


Homosexuelle, multiethnische, bireligiöse Paare – wie gut, dass es Länder, wie Deutschland gibt, in denen die Menschenwürde respektiert und die Freiheit der Selbstverwirklichung möglich sind. Natürlich gibt es hierzulande auch noch Schwierigkeiten, wie es die aufgeheizten Integrationsdebatten der letzten Monate zeigen. Deswegen frage ich das Paar zum Abschluss unseres Gespräches, ob binationale Partnerschaften ein positives Beispiel für unsere Gesellschaft sind. „Kommunikation ist unglaublich wichtig“, sagt Jana, „und diesbezüglich kann die Gesellschaft in der Tat etwas von unseren Erfahrungen lernen“. Groß Integrationskonzepte, die vom Schreibtisch aus entworfen werden, würden wenig helfen. „Man sollte die Erfahrungen der Menschen nicht ignorieren und sie in politische Entscheidungen mit einbeziehen.“ Integration sei sehr komplex und auf viele Fragen wolle und könne sie nicht antworten, sagt Alejandra. „Aber wenn es etwas gibt, womit man Integration definieren kann, dann ist es Respekt. Das ist die große Basis.“

Veröffentlicht auf: Konrad Adenauer Stiftung / www.kas.de

 

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