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Feb 012013
 

Eine Kurzgeschichte von Lizge Yikmis

Ein schreckliches Geräusch. Lärm. Schreie. Woher kamen sie? Erschrocken und neugierig zugleich dachte ich, dass die Natur daran schuld war. Ich suchte den Himmel ab. Er war klar. Die Erde vibrierte. In diesem Moment verlor ich mich, mir wurde schwarz vor Augen.

Ich kann mich nicht erinnern, wie viel Zeit vergangen war, bis die Stimme meiner Schwester zur mir durchdrang. „Xece, Xece.“ Mein Kopf schmerzte. „Was war das? Was ist passiert?“ fragte ich, nachdem ich ihr Gesicht erblickt hatte. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie antwortete mir nicht. „Ich will zu Mama und Papa!“, flüsterte ich schließlich noch. Ich versuchte aufzustehen, doch hatte keine Kraft in den Beinen. Geje half mir. So rappelten wir uns auf und machten uns auf den Weg. Als wir die Bergspitze erreicht hatten, stand das Dorf unter einer dunklen Rauchschicht.

Je näher wir unserem Dorf kamen, desto größer wurde die Angst davor, was uns erwartete. Unten angekommen, konnten wir unseren Augen nicht trauen. Wir konnten es nicht glauben, mehr, wir wollten es nicht. Vor uns breitete sich ein Bild des Grauens aus. Am Dorfrand, wo unsere Schule gestanden hatte, war ein tiefer Graben. Von den ehemaligen Mauern war nichts mehr zu sehen. Nichts, nichts, nichts. Ich wagte es nicht, in den Graben zu schauen. So fing ich an zu laufen, wurde immer schneller, stolperte über einen Stein und fiel zu Boden, doch als ich meinen Kopf hob, erkannte ich, dass dieser Stein, über den ich soeben gestolpert war, zu unserer Hausmauer gehörte. Ich sah unser Haus.

© Lizge Yikmis

Doch während ich dies schreibe, frage ich mich, ob ich es noch so nennen kann. Es hatte nichts mehr mit dem Haus zu tun, in dem wir gelebt hatten. Die Wand war aufgesprengt, die Steine, die unser bescheidenes Häuschen gebildet hatten, verstreut. Da keine Wand mehr vorhanden war, konnte ich in das Innere blicken. Unser Sofa verbrannt, unsere Türen durchlöchert, und die Fensterscheiben in hunderte Teile zersprungen. War das ein Traum? In diesem Moment fühlte ich, wie sich die Arme von Geje um mich schlangen. Ich fing an zu schluchzen. Die Stille im Dorf erschrak mich noch mehr. So, als ob keine Menschenseele hier jemals gewohnt hätte. Ich versuchte, etwas zu sagen. Meine Stimme versagte. So standen wir da, weinend und eng umschlungen. Plötzlich zerriss ein Knall die Stille, es folgte Gelächter. Geje gab mir ein Zeichen still zu sein. Ich hörte Schritte, sie näherten sich. Grüne Uniformen. Ich wollte zu ihnen laufen, wollte Geje sagen, dass sie uns helfen würden. Jedoch hielt meine Schwester mich zurück. Sie nahm mich an die Hand und zog mich durch den Ort der Zerstörung. Meine Heimat, sie lag zerbrochen am Boden. Ein Schauder durchfuhr mich. Geje zog mich weiter und zischte: „ Schnell, lauf. Schau nicht zurück!“ Ich verstand nicht, wovor wir wegliefen, doch ich hörte auf sie und folgte ihr. Wir liefen zurück auf den Berg.

In allen Geschichten, die meine Großmutter mir erzählt hatte, bezeichnete sie die Berge immer als Beschützer. Ich hatte nie genau verstanden, was sie damit meinte. Bis zu jenem Tag.

Wir stolperten den Berg hinauf, immer weiter, nicht zurückschauend. Immer wieder gingen mir die Bilder durch den Kopf. Ich versuchte sie zu verdrängen. Doch es klappte nicht. Plötzlich stürzten lauter Fragen über mich hinein, wie eine Flut. „Wer konnte so etwas tun? Warum machte man so etwas? Wir sind doch alle Menschen, warum löschen wir uns gegenseitig aus?“ Ich fand keine Antworten. Meine Schwester schien sich dasselbe zu fragen, so liefen wir schweigend nebeneinander her. Geschützt von den Bergen, die sich um uns herum aufbauten. Wie Hände, dich sich um uns legten, um uns vor Unseresgleichen zu retten.

Die Sonne ging unter. Ich blickte nach oben. Die Berge waren umhüllt von Schönheit, da der Sonnenuntergang sie in lebendige Farben tauchte. Doch würden die Gräser je wieder in lebendigen Farben erstrahlen? Das Erlebte verarbeitet werden können, damit man ein lebendiges Leben leben kann? Ich fasste den Entschluss, der Welt zu erzählen, was ich erlebt habe. Hoffnung stieg in mir auf, doch in diesem Moment hörte ich Schritte hinter mir.

 

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